Eine Coverband, was soll ich denn davon halten? Okay, ich habe mit Coverbands nicht so viel Erfahrung. Außer vielleicht mit den üblichen Top 40-Bands, die sämtliche Festzelte unsicher machen. Aber was erwarte ich von einer Coverband? Nun ich denke, ich möchte unterhalten werden, und dann so, dass ich mich wohl fühle und mich nicht über die Figuren auf der Bühne amüsiere. Es darf zu keinem Zeitpunkt des Abends peinlich werden. Aber kann ich das von einer Band erwarten, die meine Götter covert? Darf man das? Natürlich wird es immer schwerer, seine persönlichen Stars live zu erleben. Bands wie U2 und Depeche Mode, die in meiner Gunst nun mal ganz oben stehen, kommen vielleicht noch alle vier Jahre auf Tour und wegen des fortschreitenden Alters ist die Frage sowieso erlaubt, wie lange man seine Stars noch zu Gesicht bekommt. Da kommen dann heutzutage die Coverbands auf den Plan. Wobei zum Beispiel eine U2- , AC/DC- oder auch Beatles-Coverband es relativ einfach hat, da diese besagten Bands die meiste Zeit ihrer Karrieren immer die gleichen Sounds oder die gleiche Art der Komposition benutzen. Das merkt man auch, wenn man die Originale heute noch auf der Bühne sieht. Bei U2 ist es zum Beispiel relativ egal, ob das Stück vom letzten Album ist oder vielleicht doch von einem ihrer Frühwerke. Weil die Stücke immer in einer besonderen Qualität sind und man U2 auch heute noch Stücke wie „Out of control“ oder „New Years Day“ voll und ganz abnimmt. Bei Depeche Mode wäre das schon schwerer. Synthiepop, Darkwave, Stadionrock und Gospel. Die Reihe der Stile, die Depeche Mode durchlaufen haben, schaffen sie selbst kaum glaubhaft auf die Bühne zu bringen. Wie soll es dann Coverband authentisch schaffen?
Also machen wir uns auf, um REMODE, die wohl abgesagteste DM-Coverband aus Deutschland, mal live zu erleben. Die Hamburger Markthalle dafür auszuwählen habe ich als recht sportlich empfunden. Aber da REMODE ja auch noch eine Supportband mitgebracht haben, die man sich ansehen könnte, haben wir uns in der noch sehr leeren Markthalle eingefunden.
Die erste Band des Abends sind D.M.O., die ebenso wie Depeche Mode aus Basildon/UK kommen und auch im weitesten Sinne mit Depeche Mode in Verbindung stehen. So ist deren Frontmann Dean M. Oldfield mit Martin Gore verwandt.
Das Set von D.M.O. startet für mich überraschend. Stehen neben Dean sonst nur Jack Hollister (Gitarre) und Alex Bourner (Drums) auf der Bühne, machen sie doch einen kraftvollen Sound, der mich schon mal aufhorchen lässt. Dean Oldfield hat wirklich Entertainerfähigkeiten, die sich vielleicht auf seine Wurzeln zurückführen lassen. Er spielt, trotz des anfangs noch spärlichen Publikums, gekonnt den Rockstar, wobei er vielleicht noch an seinem eigenen Stil arbeiten muss. Seine Bewegungen und Gesten erinnern mich stellenweise sehr an Dave Gahan, wobei es gar nicht gekünstelt wirkt. Die Jungs machen schon Spaß, und ihre Songs von ihrer ersten E.P. „Blacklist“ klingen live sehr kraftvoll und interessant. Hier wächst vielleicht etwas heran, was Zukunft haben könnte. Zu wünschen wäre es ihnen. Nach einer knappen dreiviertel Stunde ist es dann auch schon, viel zu schnell wieder vorbei und die Bühne wird für den Hauptact des Abends bereitet.
Mittlerweile hat sich die Markthalle sehr gut gefüllt, und als das Saallicht gelöscht wird, bin ich fast erschrocken, wie laut REMODE auf der Bühne empfangen werden, während ein Intro aus originalen DM-Interviewfetzen und Radioansagen für die Coverband laufen, die dann in den Opener „Fly on the windscreen“ übergegangen sind. Und ich bin überrascht, wie schnell ich mich zusammen mit den anderen im Saal von der Stimmung anstecken lasse. Frontmann Detlef Kloos sieht, wenn man flüchtig hinschaut, tatsächlich aus wie das Original, mit schwarzer Hose und Weste. Nur die Tattoos fehlen. Aber soweit muss man ja auch nicht unbedingt gehen. Von der Stimme her, kann er sich mit Sicherheit nicht mit Herrn Gahan messen lassen, aber er macht einen tollen Job. Ebenso wie die übrigen der Band. Gitarrist Johannes Makowski wirkt optisch zwar ein bisschen befremdlich mit seiner E-Gitarre, die mich eher an Metallica erinnert, aber er bringt gewaltig Dampf in die Stücke, und er bietet sich ein tolles Spiel mit der Bassistin Heike Nolden. Moment, Bassistin? Ja, das unterscheidet sich von den Originalen. Heike spielt einen tollen Bass, und es macht Spaß, ihr zuzuhören und zuzuschauen. An den Keyboards steht Marcus Mundus. Der zwar optisch nicht unbedingt wie Martin Gore aussieht, dafür aber mit Sicherheit besser Klavier spielen kann, was er im Laufe des Abends dann auch unter Beweis stellt. Angetrieben wird das Quintett von Vic Chains an den Drums. Der Gute beherrscht seine Bude perfekt und gibt jedem einzelnen Track seine besondere Note und verleiht auch Stücken wie „Strange Love“ oder „Photographic“ ein härteres Gewand. Äußerlich würden wir ihn wohl eher in Wacken als auf einem DM-Konzert erwarten.
Die Setlist von REMODE hat so einige Überraschungen zu bieten. Neben den Standards wie „World in my eyes“ oder „Behind the wheel“ werde ich mit “The Sinner in me” und „John the revelator“ oder einer rockigen Version von „New Life“ überrascht. Besonderes Highlight war definitiv „Shake the disease“. Dafür kam Keyboarder Marcus Mundus an den Bühnenrand und schnallte sich ein Akkordeon um. Bei der Zugabe „Waiting for the night“ begleitete Heike Nolden ihre Kollegen mit der Geige, was einem schon nahe ging.
Als Depeche Mode 2009 „Strange Love“ wieder live gespielt haben, hatte ich eine große Vorfreude, wurde aber bitterlich enttäuscht. REMODE haben aus der simplen Singleversion eine treibende Liveversion gebaut, die ich mir von DM gewünscht hätte. Wenn DM behaupten, „People are People“ würde heute nicht mehr funktionieren, da müsste man ihnen die Version vorspielen, die wir hier geboten bekommen haben. Wobei REMODE sich nicht darauf ausruhen, die Originale einfach nur nachzuspielen. Stellenweise klingen ihre Interpretationen härter oder auch mal gefühlvoll. Es wird nicht auf Nummer sicher gegangen, sondern jeder einzelne Musiker bringt seine Fähigkeiten ein, und es ist zu sehen, dass alle ihren Spaß haben.
Am Ende des Konzertes musste ich meine Meinung, was Coverbands angeht, dann doch revidieren. REMODE haben mich im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr gut unterhalten und der Abend hat sich mehr als gelohnt.