Wer sich aufmacht, ein Konzert in der Hamburger Fabrik zu besuchen, muss einiges an Nerven aufbringen oder eine Monatskarte für den HVV haben. Einen Parkplatz in den umliegenden Straßen zu finden, ist fast unmöglicher, als im Lotto zu gewinnen. Aber sobald man es in die Fabrik geschafft hat, wird man von einem wirklich schönen Areal begrüßt. Als ich an diesem Mittwochabend mich vor der Fabrik einfand, war die Zahl der Interessierten, die vor der Halle warteten noch recht überschaubar. Okay, der Act des Abends lockt ja nun auch keine Teenies mehr an, die stundenlang herumlungern und auf Einlass warten. Und so war auch die Zahl der Besucher in der Halle später recht überschaubar.
An diesem Abend sollten Killing Joke aus England auf der Bühne stehen, die kommerziell eigentlich in Deutschland nur durch den 80er Indie-Hit „Love like blood“ ein wenig bekannt wurden. Natürlich, wer sich in der schwarzen Szene ein wenig auskennt, dem ist Killing Joke auch weiterhin ein Begriff. Als sich langsam die Halle füllte, sah es erst aber eher so aus, als würden Killing Joke sehr junge Zuschauer anlocken. Aber die waren dann wohl doch eher für den Support-Act Death Valley High da. Die Band aus Kalifornien legte mit ihrem Düsterrock die Messlatte für einen Support-Act auch sehr hoch. Frontman Reyka Osburn ging gleich nach vorne auf das Publikum zu und lieferte eine düstere Show ab, die sogar mir imponierte. Sein eher extravaganter Make Up-Stil war sehr interessant und der Gig zeigte mir, dass es auch nach Marylin Manson noch Leben unter der Erde geben kann. Ebenso imponiert wie ich war dann auch das Hamburger Publikum, die DVH wirklich abfeierten. Schnell wurde es vor der Bühne dann auch voller, so dass es für den Frontman beim Finale auch noch ein Bad in der Menge gab.
Nach einer kurzen Umbaupause auf der Bühne war ich überrascht, wie schnell sich das Publikum vor der Bühne auch änderte. Ich war auf einem Mal umzingelt von Altpunks und End-Vierzigern. Eine recht illustre Mischung, von der ich mir nicht vorstellen konnte, wie der Abend vor der Bühne werden könnte. Nachdem dann auf einem Gitarrenverstärker zwei Kerzen entzündet wurden, war es dann soweit. Zu düsteren Klängen kamen Killing Joke in ihrer Urbesetzung dann auf die Bühne. Während Gordie Walker, „Youth“ Glover und Paul Ferguson eigentlich eher so aussahen, als wenn sie in einer lockeren Runde musizieren wollten, wanderte Frontmann Jaz Coleman in seinem schwarzen Dress über die Bühne mit ausladenden Gesten und wirren Grimassen. So habe ich es mir vorgestellt seit gut dreißig Jahren, seitdem ich das erste Mal auf diese Band aufmerksam wurde.
Und wenn schon so eine Band endlich mal wieder hier auf Tour ist, dann wollen sie auch ihr Publikum mit dem Besten beglücken. Das Konzert mit „The Hum“ zu eröffnen war schon eine coole Sache. Der Track hat ja nun auch schon locker 35 Jahre auf dem Buckel und ist immer noch sehr geil. Dass eine Band sich aber traut, als zweites gleich auf ihren größten kommerziellen Hit zurück zu greifen, fand ich einmalig. Die Fabrik kochte bereits bei „Love like blood“, und die alten Leute fühlten sich um Jahre zurückversetzt. Als dann als drittes „Eighties“ folgte, wechselte die Stimmung vor der Bühne bereits ansatzweise in wilde Pogoeinlagen. Ich kann nicht beschreiben, was es an diesem Abend war, aber Killing Joke spielten ihr Set sehr zügig runter. Es wirkte aber nicht lieblos runter gespielt. Jaz Coleman hatte sichtlich Spaß an seiner Show und wirkte für mich wie eine irre gewordene Version von Prof. Snape aus diesem Kinderbuch.
Ich war sichtlich überrascht, da ich mir fest vorgenommen hatte, nach „European Super State“, dem zehnten Track auf der Setlist, mich ein wenig in der Halle umzuschauen, dass der Moment dann so schnell gekommen war. Und Killing Joke ist jetzt ja nicht unbedingt eine Band, die für ihren 3 Minuten-Radiopop bekannt ist. Der Abend zog so zügig an mir vorbei, weil ich mich verdammt gut aufgehoben fühlte unter Gleichgesinnten.
Killing Joke können es immer noch. Auch wenn die Bühne nicht mehr so groß ist, scheinen sie immer noch Spaß an der Sache zu haben. Die spielen sich die Finger wund und auch ihr letztes Album „Pylon“ zeigt, dass man immer noch mit ihnen rechnen kann.
Danke für diesen Abend.
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