Markthalle Hamburg, 23.09.2011
Eines muss man dem Macher der “Party for the Masses” in Hamburg ja mal lassen. Er gibt sich Mühe und investiert wohl viel Arbeit in seine Partyreihe und das seit fast 20 Jahren. Immer wieder gibt es neben dem aufgefeilten Programm voll Depeche Mode-Tracks auch interessante Liveacts zu bewundern, die mal mehr oder weniger gute Auftritte verzeichnen können. So war es dieses Wochenende für mich auch mal wieder etwas erfreuliches, als ich erfuhr dass Melotron und X-Divide auftreten werden. Letztere haben 2010 mit „X“ ein wirklich gutes Debüt hingelegt und über Melotron brauche ich wohl nicht mehr viel zu schreiben. Der Abend soll eine sichere Bank sein.
Die „Masses“ am Freitag zu besuchen heißt immer viel Platz zum tanzen. So war auch diesmal die Markthalle wieder beängstigend leer. Dementsprechend spät startete das Programm, da man doch erst noch auf Publikum warten wollte.
X-Divide starteten für mein Empfinden einen sehr soliden Auftritt und schafften es auch schnell, das Publikum zum tanzen zu bewegen. Überraschenderweise war die Tonanlage sehr gut ausgesteuert und es machte wirklich Spaß, den beiden zu zuhören. So zumindest in der ersten Hälfte des Sets. Meinen vollen Respekt bekommt der Sänger von mir, für seine Performance zu Billy Idol’s „White Wedding“. Das gab dem ganzen einen rockigen Touch und zeigte, dass er gut mit der Gitarre umgehen kann. Was dann folgte, rief nur noch Kopfschütteln bei mir hervor. Die angestimmte Coverversion von Depeche Mode’s „Enjoy the silence“ war genauso schön wie mein Kater heute Morgen. Schade, gut angefangen und stark nachgelassen. Ebenso unwichtig war das viel zu lange NamNambulu-Medley, dass den Jungs wohl von ihrem Produzenten auf diktiert wurde.
Gegen halb eins in der Nacht sollte es dann endlich mit Melotron losgehen.
Rückblende: Hamburg, Zillo-Club irgendwann im Winter 1995: Im Vorprogramm von AndOne treten drei Jungs aus Neubrandenburg auf, die mich durch intelligente Texte und durch einen eigenständigen Electropop-Stil beeindrucken. Der Sänger hat eine ausdrucksstarke Stimme und liefert eine gute Show ab.
Zurück in die Markthalle: Als Melotron auf die Bühne kommen ist plötzlich alles anders. Wo ist der Glatzekopf von Edgar? Wo ist der gute Klang hin? Im April bei Melotron in Hannover passte alles zusammen. Klang, Show und Publikum. Aber in Hamburg… Stellenweise ging die Stimme von Andy im Brei unter sodass einzelne Worte kaum verständlich wurden. Das könnte vielleicht auch daran gelegen haben, dass die Textsicherheit Andy’s nicht die beste war. Nahezu in jedem Track gab es Textaussetzer. Okay, den Text von Rio Reisers „Menschenfresser“ zu behalten, ist schier unmöglich. Aber eigene Kompositionen sollten schon drauf sein. Und wenn es wirklich so ist, dass es bei Melotron nur noch Wasser gibt, dann greift doch bitte wieder zu Flasche. Dazu fällt mir ein Zitat von Depeche Mode’s Andy Fletcher über eine Szene nach einem Konzert in NY 1982 ein: „Was ist los mit Euch, Ihr ward mal gut?“
Viel zu oft hat sich für mein Empfinden Andy beim Publikum für die Geduld bedankt und leider auch bei ihrem Tonmann. Dazu frage ich mich, wo war der? Beispielsweise bei „Das Herz“ grenzte der Ton schon an Körperverletzung. Für diese Leistung sollte man sich nicht bedanken, man sollte sich entschuldigen und den Tonmann einfach feuern.
Nein, diesmal war es keine Glanzleistung von Melotron. Keine neuen Stücke, wie in Hannover und viel zu spät. Wer so eine Leistung abliefert, darf sich nicht beklagen, wenn kommerzieller Erfolg sich partout nicht einstellen will. Ich wünsche den Jungs, dass sie irgendwann wieder zur alten Stärke zurück finden und wieder so genial werden, wie ihre Alben sind…
Nachtrag: Leider hat Andy auch die Fähigkeit verloren, die Tonlage beim Singen zu finden. Bestes Beispiel dafür war „Welt Du bist so still“. Da klappte es überhaupt nicht und Andy wechselt im Refrain mehrmals zwischen hohem und tiefem Gesang. Er hat wirklich die Fähigkeit, gut zu singen und kann seine Stimme einsetzen um Gänsehaut einsetzen zu lassen. Diesmal aber leider nur weil man sich so gruselt…