Der Frühling hält in Hamburg Einzug. Anfang Mai wird es warm, und der traditionelle Hafengeburtstag steht an. Im iPod läuft schon seit Stunden das kommende Album „Terlingua“ von Mono Inc. Ich fahre freiwillig mit der Hamburger U-Bahn, da ich weiß, dass ich da, wo ich hin will, sowieso keinen Parkplatz bekommen werde. Ich bin auf dem Weg zu einem Treffen mit Martin Engler und Carl Fornia von Mono Inc., um mit ihnen über das neue Album zu sprechen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, was mich erwarten würde. Etwas später weiß ich, dass ich mit zwei der nettesten Burschen zusammen gesessen habe, die ich bisher treffen durfte.
Martin, ganz leger in heller Jeans und weißem T-Shirt, sieht jetzt gar nicht so aus wie der Kopf einer Dark-Rockband. „Für mich ist es nicht wichtig, welche die Farbe die Hose unserer Hörer hat. Ob nun schwarz, blau oder weiß ist völlig egal. Ich glaube, es wird auch zu sehr in Schubladen gedacht. Sind wir eine Gothicband?“ fragt Martin. „Viele sehen uns vielleicht so, weil wir u.a. auch beim WGT oder Mera Luna schon gespielt haben. Dabei spielen wir auch in Wacken“, ergänzt Carl. „Es ist doch so, dass die Leute alles irgendwie katalogisieren wollen und für alles eine Berechtigung brauchen. Wenn ich uns betiteln müsste, würde ich sagen, dass wir sowas wie Stadion-Rock machen. Jetzt nicht in der Art, dass wir die größten Arenen füllen, sondern, dass wir Musik machen, die die Massen bewegen kann und auch soll. Mit weit ausgebreiteten Armen schwebt unsere Musik stellenweise über die Massen.“ sagt Martin und Carl ergänzt: „Wir sollten mal bei Saturn oder Amazon oder iTunes vorsprechen, dass wir in dem Genre Stadionrock katalogisiert werden wollen, als einzige Band“ und schmunzelt dabei.
„Um ehrlich zu sein, ist es mir völlig egal, wer unsere Platten hört oder wer in unsere Konzerte kommt. Jeder soll die Musik hören, die er mag. Genauso ist es mit diesem UNHEILIG-Ding. Ist der Graf jetzt noch ein Gothic oder Schlagersänger? Oder wie mit Helene Fischer und der Bild-Zeitung. Angeblich hört und liest die keiner, und trotzdem sind sie erfolgreich. Und so wünsche ich es mir für Mono Inc. auch.“
Um das Gespräch mal auf den eigentlichen Grund unseres Treffens zu bringen, ziehe ich mir eins von den rumliegenden Promosheets der neuen Platte rüber.
Alf: „Mit dem Artwork zu „Terlingua“ habt Ihr mich im ersten Moment verwirrt. Ich hatte noch keinen Ton von der Platte gehört und hatte beim Anblick des Covers schon gedacht, dass Mono Inc. jetzt vielleicht auf das Boss Hoss-Ding aufsteigen“.
Martin lächelnd zu Carl: „Ich hab es doch gewusst, dass das irgendwann mal kommt. Nein, es war ganz einfach so, dass das Artwork für die Platte in einem Guss mit der Produktion in Texas entstanden ist. Wir haben ein Konzert in Austin/Texas gespielt und wollten ganz einfach danach noch ein paar Tage ausspannen und sind dann in diesem Ort gelandet, den Du fast nicht mal Ort nennen kannst. Du bist da weit ab von der Zivilisation, und um Dich herum ist einfach nichts. Wir hatten uns da so ein kleines Haus gemietet, die in den USA schnell mal mit dem Truck befördert werden. Mit einem großem Wohnzimmer, vier Schlafzimmern, Bad, Küche und oben drauf diese typischen Wellblech-Dächer. Anfangs wollten wir nur ausspannen, aber dann kam uns, als wir zurück in Deutschland waren, die Idee, unser neues Album genau dort aufzunehmen. Gesagt, getan, die Plattenfirma fand das auch vom finanziellen Aspekt sehr interessant, und so sind wir wieder rüber und haben uns dort für ein paar Wochen eingenistet“.
Carl: „Es ist faszinierend da. Die einzige Straße, die dort lang führt, ist der Highway 118. Über den kommst Du dahin und fährst wieder weg.“ Er holt sein Handy aus der Tasche um mir weitere Fotos aus Terlingua zu zeigen.
Martin: „Wir haben natürlich überlegt, wie uns der Ort beeinflussen kann, Wir haben mit Spaghetti – Westernsounds experimentiert, und so langsam uns das erarbeitet, was jetzt vor uns liegt. Wir haben mit der Arbeit angefangen und wussten schon nach fünf Tagen, dass wir hier auch ein ordentliches Artwork haben wollen. So haben wir einen Fotografen nebst Assistenten einfliegen lassen, und so ist in einem fortlaufenden Prozess das Album und auch das Artwork entstanden. Ich mag die Bilder sehr. So haben wir bei der Platte ein schönes Booklet dabei, wo stellenweise die Bilder für sich sprechen sollen. So wie z.B. bei „The Joshua Tree“ von U2. Das Artwork spricht für sich und unterstreicht noch einmal mehr die Stimmung des Albums. Wir haben dann auch gleich das Video zur Single dort gemacht, weil es sich einfach angeboten hat, diese schöne Landschaft einzufangen. Wir möchten, dass unsere Fans sich vielleicht auch animiert fühlen, sich selbst etwas Hintergrundwissen zu erarbeiten. So ist es auch zum Albumtitel gekommen. Anfangs hatte die Platte keinen Titel und wir sind auf einer polnischen Autobahn auf die Idee gekommen, das Album einfach nach dem Entstehungsort zu benennen. Schließlich ist auf der Platte ja auch ein Song mit gleichem Titel. Und wenn Du bei Google „Terlingua“ eingibst, landest Du als erstes im Ghost Town in Texas“
Carl zeigt mir ein Foto der Band, welches auf dem Highway aufgenommen wurde: „Wir hoffen, alles ein wenig eingefangen zu haben.“
Martin: „Es gibt natürlich viele Anekdoten, die man nach so einem Trip erzählen kann. Beispielsweise wie es zu diesem Cowboy-Hut gekommen ist. Schon bei unserem ersten Trip wollten wir uns unbedingt Hüte kaufen. Die texanische Sonne, bei unser aller Haarpracht ist kein Vergnügen. Wir haben also im Netz geforscht, wo es Hüte gibt und unser Navi hat uns da in so ein Industriegebiet geschickt, direkt dahin, wo diese Stetson-Hüte gefertigt werden. Wir sind da also reinmarschiert und haben gefragt, wo es denn nun die Hüte zu kaufen gibt. Die wollten natürlich wissen, wer wir sind. Wir haben denen erzählt, dass wir eine Band aus Deutschland sind.“
Carl: „Du musst Dir das vorstellen, mitten in Texas ist das ja nun nicht so besonders, dass da ne Band spielt. Dann auch noch aus Deutschland.“
Martin: „Am Ende ist es so gewesen, dass jeder von uns diese Fabrik mit einem nagelneuen Stetson verliess und als wir fragten, was wir bezahlen sollen, sagten die nur, das wir nur erzählen sollen, dass die Hüte von Stetson seien. Wir waren sehr überrascht. Und so haben es dann auch die Hüte in das Artwork der Platte geschafft.“
Alf: „Mir ist gleich beim ersten Durchlauf der Track „1 18“ aufgefallen. Zum einen, weil der Song eine wunderschöne Melancholie ausstrahlt und zum anderen, weil ich mich stark an The Cure erinnert fühle. Irre ich mich da?“
Martin: „Respekt, Du bist der erste, dem das tatsächlich aufgefallen ist. Es ist so, wie Du es sagst. Ich bin nun mal ein großer Sisters Of Mercy-, The Cure- und auch Depeche Mode-Fan gewesen. Da fließt natürlich auch mal etwas mit in unsere Musik ein. Besonders das „Disintegration“-Album hat es mir angetan. Die Stimmung auf der Platte ist einfach grandios.“
Carl: „Eigentlich bin ich bei uns ja für die lauten Töne verantwortlich, aber nachdem wir das Album auch in der Reihenfolge der Tracks zusammengestellt haben, ist „1 18“ für mich eins der besten Stücke auf der Platte. Vielleicht, weil wir selber auf dem Highway gefahren sind.“
Martin: „Wenn Du so wie wir morgens um fünf übernächtigt in den Van steigst, um Terlingua über den Highway zu verlassen, da kommt schon Wehmut auf. Es hätte nicht so gewirkt und wäre auch nicht so schön geworden, wenn wir die Platte in Deutschland produziert hätten. Ein Titel der dann „A1“ oder „B5“ heißt, wirkt nicht so toll. Ich hatte auch lange überlegt, ob das Stück vielleicht „Highway 1 18“ heißen soll, aber das hätte die Leute vielleicht verwirrt. Weil Highway schnell mit sechsspurigen Autobahnen verwechselt werden. Da wäre schon beim Titel der Reiz der Ferne verpufft.“
Alf: „Ich habe bisher nur gelesen, dass Ihr diesen Sommer einige Festivals spielt. Wird es auch eine Tour geben?“
Martin: „Ja natürlich, wir können da aber noch nicht genaues sagen. Wohl irgendwann im Herbst werden wir auf Tour gehen. Da freuen wir uns auch schon drauf, da Du im Konzert immer noch die Leute am besten erreichst. Wir sind auch recht spontan jetzt als Headliner beim Hamburger Hafengeburtstag eingesprungen. Eine Band musste aus gesundheitlichen Gründen absagen, und so ist man an uns herangetreten. Es war organisatorisch recht heikel, aber wir freuen uns, morgen Abend dabei zu sein.“
Alf: „Mit Euren letzten beiden Alben habt Ihr bereits erheblichen Erfolg gehabt. Wie hoch sind Eure Erwartungen an „Terlingua“?“
Carl: „Natürlich ist das aktuelle Album immer das Beste, was man gemacht hat. Das sagen immer alle. Aber wir sind in dem charmanten Vorteil, relativ gelassen an die Sache ranzugehen. Für mich persönlich ist es nicht so wichtig, ob wir jetzt zehntausend oder fünfzigtausend Stück verkaufen, weil es sich nicht messen lässt. Außer vielleicht auf dem Kontoauszug. Für mich ist es da schon wichtiger, wie viele Menschen wir mit der Platte erreichen und die dann auch in unsere Konzerte kommen. Daran finde ich, kann man als Musiker den Erfolg am besten messen, weil Du siehst, was Du mit der Musik bewegst.“
Martin: „Wie Carl schon sagte, man sagt immer, dass die aktuelle Platte die beste ist. Wen ich aber die kontinuierliche Schaffensphase von Mono Inc. betrachte, erkenne ich schon einen roten Faden und höre auch bei jeder Platte, dass wir wieder einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht haben. Wenn ich ehrlich bin, muss ich dieses mal aber auch wirklich darauf bestehen, dass wir mit „Terlingua“ das beste Album gemacht haben, dass wir je gemacht haben.“
Alf: „Schnell, viel zu schnell ist die Zeit schon vergangen.“
Martin: „Ja schade, es hat wirklich Spaß gemacht mit Dir. Ich hoffe, wir sehen uns morgen Abend auf dem Hafengeburtstag“?
Carl: „Dann hast du auch gleich einen Eindruck, wie die neuen Stücke live rüber kommen“
Martin: „Genau, aber wir sehen uns allerspätestens auf der Tour. Da spielen wir in Hamburg in der Markthalle. Eine sehr geile Location, wo ich schon früher immer gerne zum Feiern und Abrocken hingegangen bin.“
In diesem Sinne…